Schuldgefühle
Ungleicherweise haben wir gelernt und akzeptiert (auch wenn wir es manchmal beklagen), dass schöne Momente, Freude, Lachen und Wohlsein, also positive Gefühle, nicht festgehalten werden können.
Ganz anders ist es oftmals mit den negativ bewerteten Stimmungen und Gefühlen. Ärger läßt uns tagelang nicht los, in Traurigkeit und Trauer können wir regelrecht versinken und besonders Schuldgefühle tragen wir u.U. ein ganzes langes Menschenleben mit uns.
Gefühle entstehen gekoppelt an unsere Bewertungen, die wir entweder gelernt/ übernommen haben oder uns selbst angeeignet. Auch wenn wir geneigt sind, es zu vergessen, wissen wir doch, dass die gleiche Situation von verschiedenen Menschen unterschiedlich bewertet und damit auch unterschiedlich erlebt wird.
Schuld als soziales Gefühl
Schuld ist zunächst einmal ein soziales Gefühl und als Hemmschwelle gedacht, die uns hindern soll anderen zu schaden.
Oft wurde Schuld als Lenkungsinstrument in der Erziehung (oder religiösen Gemeinschaften) eingesetzt und unser Gewissen wurde uns antrainiert. Ein Mensch (oder ein Kind!) wird für den emotionalen Zustand eines anderen verantwortlich gemacht. Dabei ereignet sich ein subtiler Rollentausch. Es wird Verantwortung durch Schuldzuweisung auf zumeist schwächere Schultern übertragen. Empathische Menschen sind durch ihre ausgeprägte Fähigkeit, sich in andere hineinzufühlen, besonders anfällig.
Menschen mit übertriebenen Schuldgefühlen sind zumeist ängstlich, fürchten sich, wo nichts zu fürchten ist, neigen zu Übertreibungen und klagen sich ständig selbst an. Der Anspruch, den sie an sich selbst legen, kann nicht erfüllt werden.
Versagensangst
Durch alle möglichen alltäglichen Begebenheiten kann Versagensangst, ein Schuldgefühl, nicht gut genug zu sein, und daraus resultierende Scham getriggert werden. Der Vergleich mit anderen plus die gelernten inneren Stimmen erzeugen den altbekannten destruktiven Lärm im Kopf und produzieren noch mehr Gefühle von Unvermögen und Defizit.
Und noch etwas kommt hinzu: Da, wo andere dieses ängstliche Gewissen eines Menschen erkannt haben, können sie diesen sehr wirksam manipulieren.
Emotionale Erpressbarkeit
Um die eigene emotionale Erpressbarkeit zu mindern und negative (Schuld)Gefühle besser loslassen zu können, hilft es :
- Verantwortung dafür abzugeben, dass andere Menschen emotional reagieren
- den Fokus zum eigenen ICH zurückzuholen
- der eigenen inneren Wahrheit die Treue zu halten, aber ohne Rechthaberei
- die Traurigkeit zu fühlen, wenn die innere Wahrheit nicht gehört oder sogar abgelehnt wird
- dem anderen Menschen zu vergeben, dass er seinerseits gerade seine limitierte Position nicht verlassen kann
- sich abzugrenzen und innerlich wie äußerlich NEIN zu sagen
- sich selbst zu vergeben und zu verzeihen, eigene Fehler und Schuldgefühle anzunehmen
Schuldgefühle sind immer an Vergangenheit und Selbstbestrafung gekoppelt.
Es ist die fehlgeleitete Suche nach Ausgleich. Als ob vermeintliche, tatsächliche oder stellvertretend übernommene Schuld vermindert werden könnte durch Sich-selber-klein-machen, Sich-selber-anklagen, sich-selber-gefangen-halten usw..
Aber ist das wahr??
Nein!! Es wird nie jemand (aus der Vergangenheit) auftauchen, der uns unsere Schuld vergibt! Das können nur wir selbst für uns tun. (kleine Anmerkung für gläubige Menschen: Gott hat unsere Sünden, unsere Schuld, schon längst durch sein Opfer am Kreuz auf sich genommen und damit für uns vergeben. Er schenkt seine Gnade all‘ denen, die sie gar nicht „verdient“ haben, siehe die zur Steinigung geführte Ehebrecherin, Zachäus den untreuen Zöllner oder Petrus. Dein Gott hat dich ohne Beweise zu verlangen freigesprochen, Römer IV, Vers 5. Wenn du gläubig bist und Unterstützung bei der Auflösung von Schuldgefühlen suchst, möchte ich dir die Arbeit von Heinz Trompeter ans Herz legen.)
So wie niemand uns unsere Schuldgefühle nehmen kann, so wenig gibt es jemanden, der uns heute in ihnen festhält!
WIR haben die Wahl.
Die Wahl, wohin wir unseren Blick richten, ob in unsere Gegenwart oder gefangen in unsere Vergangenheit. Wir können und müssen wählen, ob wir uns durch Vergebung befreien, um lebendiger, fröhlicher und so viel eher ein Geschenk für uns und andere zu sein.
Zum Abschluß gebe ich euch hier Worte aus der Vipassana-Meditation wider :
- Ich bitte um Vergebung alle Menschen, die ich verletzt habe, sei es durch Worte, Taten oder Gedanken, bewußt oder unbewußt.
- Ich vergebe allen, die mich verletzt haben, sei es durch Worte, Taten oder Gedanken, bewußt oder unbewußt.
- Ich vergebe mir selbst, womit ich mich und andere Menschen verletzt habe, sei es durch Worte, Taten oder Gedanken, bewußt oder unbewußt.